Baumfällen

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Baumfällen

Alruna – Gärtnern mit Naturwesen
16 Februar 2023
In manchen Gegenden vergeben die Gemeinden im Winter Gemeindewaldstücke zum Abholzen. Die einzelnen Flecken heißen Lose und werden unter den Interessenten verlost – daher wohl der Name. Bis zum Frühling wird dann geschlägert. Die Los“besitzer“, vorallem Bauern aus der Gemeinde, machen Brennholz und es bleibt an diesen Stellen nichts stehen. Tabula rasa.

 
Ein Freund, der auch jedes Jahr ein Los nimmt und inzwischen ein Naturwesenfreund geworden ist, hat mich um ein Ritual gebeten bevor er mit der Arbeit beginnt. Wir haben dies dann gleich für alle Lose gemacht.
Wir haben uns zwischen die Bäume gestellt und ich habe ihnen erklärt, dass das Holz zum Heizen benötigt wird, so wie seit Menschengedenk.
Es wird kein Geschäft daraus gemacht, die Losbesitzer sind im Grunde anständige Leute, die aber noch nichts von den Naturwesen wissen. Daher möchten wir im Namen aller unsere Dankbarkeit für das Holz ausdrücken und um Schutz und Unterstützung beim Fällen bitten. (Das ist doch eine recht gefährliche Arbeit und ich kenne einige, die sich dabei verletzt haben.). Wir haben den Wesenheiten noch Obst und Kekse als Gaben hingelegt.

 
Danach bin ich in Verbindung gegangen und bekam die deutliche Botschaft, dass zumindest eine der schönen großen Eschen stehen bleiben soll. Das ist sozusagen der Deal.
Der Freund war nicht sehr begeistert. Sein Los hat er auf 20 Festmeter (kurz "Meter") Holz geschätzt – ein Jahresbedarf. Der große Baum war sicher fast ein Meter davon. Auf gut Glück – oder Intuition- hab ich behauptet, es werden auch ohne der Esche 20 Meter oder mehr werden. Er hat die Stirn gerunzelt und genickt. Überzeugt hat er nicht gewirkt. Innerlich hab ich die Bäume gebeten, dass sie das irgendwie schaffen sich zu „vermehren“.

 
Tage später sein Bericht:
 
Er hat alles -außer der besagten Esche- abgeholzt, es sind mehr als 20 Meter geworden. Am Rande seines Loses standen noch Bäume, die er vorher gar nicht bemerkt hat und das gesamte Holz hat eine wunderbare Holzqualität.

Aber jetzt kommt erst der wirklich schöne Teil der Geschichte:
Die Besitzer der Nachbarlose waren einigermaßen irritiert, dass er den schönsten Baum stehengelassen hat.
- Ja, er hat eine Freundin, die spricht mit den Bäumen und die wollten, dass dieser Baum stehen bleibt.
 
Die Gesichter hätte ich gerne gesehen…

 
Als wir einige Wochen später wieder zu den Losen gegangen sind, konnte ich einen der Los-Nachbarn kennenlernen.
Er, etwas grobschlächtig, freundlich, am Traktor. Ich unten im knöcheltiefen Gatsch, Wind mit Hochnebel - typisches Marchfeldwetter:
„Ah, Du bist dee, dee mit die Geister redt?“ „Ja, Du, die haben eh Verständnis, dass man das Holz braucht, aber man sollte darum bitten und dankbar sein.“ „Mmmh“ „Und außerdem passieren weniger Unfälle“. „Mmmh“ „Und die Arbeit geht einfacher.“ „Hob eh scho zwa Bama stehn loss`n“. Er zeigt zu seinem Los und dort standen auf der leeren Fläche wirklich noch zwei Bäume, recht klein, aber immerhin. Der Wille steht fürs Werk. Ich hab mich echt gefreut!
Dann folgte Smalltalk.
Schon im Wegfahren ruft er mir noch zu „Du, da hint, da g`hert a no a Los mia. Geh, kannst mit die Geister durt a amoi red`n?“ Dann ist er weggetuckert.
 
Und auf diesem besagten Los hat er dann auch einen Baum stehen gelassen und der andere Nachbar hat ebenfalls einen Baum stehen gelassen!! Nie hätte ich geglaubt, dass die eine Esche so eine Kettenreaktion auslösen kann.
 
 
Nach einigen Tagen sind wir nochmals in das Waldstück gegangen um zu überlegen, wie man denn nun die Baumwesen aus den Baumstrünken herausholen und übersiedeln könnte. Man legt zB einen Stein auf den Baumstrunk, ladet das Baumwesen ein, wartet eine Weile und trägt dann den Stein zu einem kleinen Bäumchen. Diese haben noch kein Baumwesen. Ob das notwendig ist oder nicht, da scheiden sich die Geister. Ich mache es immer wieder, wenn ich Baumstümpfe sehe.
 
Also, stehe ich hier im Wald mit hunderten Baumstümpfen und merke, dass sich das hier nicht so einfach machen lässt. So atme ich tief durch und denke intensiv „Ihr Baumwesen, ihr könntet doch jetzt einfach in den angrenzenden jungen Buschwald hinüberwechseln!“ Da habe ich das Gefühl, dass sofort eine Bewegung durch den Wald geht, ein Aufbruch und ein Rauschen in Richtung dieses Jungwaldes.
 
Und plötzlich weiß ich, vor mir ca. 15m entfernt, sitzt Pan, der Hüter der Wälder, grinsend, fröhlich, lachend und nickt mir zu, voller Freude, dass hier in diesem Wald wichtige Schritte passiert sind und eine neue Art der Zusammenarbeit begonnen wurde.


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1 Rezension
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Monika
23 Apr 2024
wow - großartig - wir müssen alle lernen
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